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8. Januar 2023 | Autor

Manga Review: The Gender of Mona Lisa von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa

Manga Review: The Gender of Mona Lisa von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa
Manga Review: The Gender of Mona Lisa von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa

Wow, was für eine Fahrt. Ich habe den Abschlussband der Hauptgeschichte gestern Abend gelesen und habe danach direkt den ersten Entwurf für diese Manga Review zu The Gender of Mona Lisa geschrieben.

Ich schätze, dass es der umfangreichste Band der Reihe bisher ist. Bisher? Ja, obwohl die Hauptstory mit Band 8 abgeschlossen ist, wird es noch zwei weitere Manga dieses Titels von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa geben.

Nichtsdestotrotz möchte ich diese Review schreiben, denn die Folgebände sind ja quasi Zusatzmaterial bzw. Boni.

Achtung: Im weiteren Verlauf dieses Artikels kann es zu Spoilern kommen. Du liest also auf eigene Verantwortung weiter 😉 Und wenn Du keine Lust hast, lange zu lesen, spring mit einem Klick hier ganz zum Ende für eine Zusammenfassung mit meiner Meinung.

Manga Review: Erster Eindruck

Vorab lass mich Dir sagen, dass ich die Manga nicht alle noch mal gelesen habe. Ich habe sie also bisher alle jeweils einmal gelesen. Der erste Band kam im Herbst 2021, ich meine, ich habe ihn kurz vor Veröffentlichung des zweiten Bandes im Dezember 2021 entdeckt und ab da dann eben immer sofort gekauft und gelesen, sobald sie veröffentlicht wurden. Das ein oder andere mag mir deshalb nicht mehr so klar im Gedächtnis sein.

Für mich ist aber auch nur relevant, was im Gedächtnis bleibt, also …

Als ich den achten Band gestern weggelegt habe, war ich voll von gemischten Gefühlen. Ehrlich gesagt war da im ersten Moment auch Enttäuschung, weil die Spannung, die ab Band 1 aufgebaut wurde im Grunde keine Erlösung findet. Es gibt keine klare Antwort auf die Frage, die sich durch die gesamte Geschichte zieht.

Genau deshalb ist der Manga in diesem Punkt perfekt. Er will verdeutlichen, dass jeder Mensch diese Entscheidung für sich selbst fällen muss. Dennoch fehlt mir gerade an dieser Stelle der letzte Schliff.

Kurze Inhaltsangabe

Hauptfigur dieser Geschichte ist Hinase. Sier lebt in einer Welt, in der jeder Mensch ohne Geschlecht geboren wird und sich am 12. Geburtstag selbst entscheidet, ob das Leben als Frau oder als Mann weitergehen soll. Es gibt einige Kinder, denen diese Entscheidung schwer fällt und bei denen sich auch nicht von selbst eine Entwicklung einstellt. So ein Mensch ist Hinase.

Sier ist mit Ritsu und Shiori befreundet, die siem gleich zu Beginn des ersten Bandes jeweils ihre Liebe gestehen und sier „zur Frau“ bzw. „zum Mann machen wollen“.

Hättest Du Dich auch gerne selbst für ein Geschlecht entschieden?
Hättest Du Dich auch gerne selbst für ein Geschlecht entschieden?

Was ich an The Gender of Mona Lisa wirklich mag

Feinfühlig geschriebener Manga mit tiefen Einblicken in die Figuren.
Feinfühlig geschriebener Manga mit tiefen Einblicken in die Figuren.

Der Manga ist unglaublich feinfühlig. Es gibt viele und lange Dialoge und man kann weitestgehend tief in die Gedanken und Empfindungen der Figuren eintauchen (eine kleine Ausnahme gibt es; das ist der größte Punkt, der mir an dieser Geschichte fehlt [siehe unten]).

Es wird darauf eingegangen, was Rollenerwartungen und Klischees mit einem (jungen) Menschen machen können, wie sie ihn beeinflussen und verunsichern können.

Der Aspekt Geschlecht wird aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.

So geht es um Oberflächlichkeiten wie Kleidung und Make-up. Um Charaktereigenschaften, Interessen und Hobbys. Aber auch um sexuelle Orientierung.

Das alles kommt weitestgehend klischeefrei daher. Auch Ritsu und Shiori erfüllen beide wenige Klischees. Und wenn es doch mal welche gibt, werden sie angesprochen und teils tiefgreifend hinterfragt. Eine Sache, die ich mir wünschen würde, dass sie viel mehr Leute im echten Leben tun.

Mir gefällt auch, dass klar gemacht wird, dass Geschlecht kein Gefängnis sein muss. Dass man sich von den Erwartungen frei machen kann.

Im letzten Band wird dazu eine schöne und prägnante Metapher geschaffen, die verdeutlicht, dass inneres Empfinden und äußere Erscheinung voneinander abweichen können. Wobei ich hier Abstriche machen muss … Kommen wir zu den Punkten, die mir nicht so sehr gefallen bzw. gefehlt haben.

Was mir an diesem Manga gefehlt hat

Gerade bei der Metapher bezüglich Innenleben und Außenwahrnehmung hat mir eine Sache gefehlt: Das wirkliche Empfinden. Für mich wirkte es so, als ginge der Manga davon aus, dass das Innenleben einzig mit Interessen bzw. Charaktereigenschaften zu tun habe. Hier fehlt mir das Gefühl, das wohl jeder Mensch für sein eigenes Geschlecht in sich trägt. Empfinde ich das als passend? Fühle ich mich richtig wahrgenommen? Auf diesen Aspekt wird mir in der nun vorliegenden Hauptgeschichte leider zu wenig eingegangen.

Ja, der Manga macht sehr deutlich, dass ich auch als Mann Interesse an Kunst und dem Kochen haben darf. Und dass Frauen auch „grob“ und an Sport interessiert sein dürfen. Aber was ist mit dem tiefen Empfinden, dem Identitätsgefühl, dem, wo ich hingehöre? Unabhängig von diesen Interessen?

Denn ja klar, Inneres (hier: Interessen, Hobbys) und Äußeres (körperliche Erscheinung) dürfen voneinander abweichen, aber der andere Innere Teil (ich meine das Empfinden) MUSS meiner Meinung nach mit der äußeren Erscheinung übereinstimmen. Sonst wird der Mensch zwangsläufig unglücklich. Es ist eben wichtig, dass man sich wohlfühlt in seiner Haut.

Tatsache ist: Für manche fühlt sich das Geschlecht eben doch wie ein Gefängnis an.

Insgesamt hätte ich mir also noch tiefere Einblicke in die Identitätsfindung gewünscht, die über Interessen und Oberflächlichkeiten hinausgehen. Ich weiß, dass noch zwei Manga kommen werden, aber der achte Band stellt nunmal den Abschlussband der Hauptgeschichte dar und in dieser fehlt mir dieser Aspekt eben.

Geschlechtsidentität: Interessen und Charaktereigenschaften vs. dem Identitätsgefühl
Geschlechtsidentität: Interessen und Charaktereigenschaften vs. dem Identitätsgefühl

Abschließendes Fazit zu The Gender of Mona Lisa von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa

Fazit Manga Review: The Gender of Mona Lisa. – In welchem Geschlecht fühlt sich das Leben stimmig an?
Fazit Manga Review: The Gender of Mona Lisa. – In welchem Geschlecht fühlt sich das Leben stimmig an?

Um diese Manga Review zu einem Ende zu bringen … Die Geschichte ist sehr packend und feinfühlig geschrieben. Die Figuren sind liebenswert und es fällt mir leicht, mit ihnen mitzufühlen.

Ich bin nicht sicher, ob z. B. trans* Menschen hier wirklich was mitnehmen können, weil die Herangehensweise der Geschichte den Eindruck hinterlassen kann, dass das Geschlecht „doch eigentlich egal ist“. Das ist es aber für trans* Menschen, die sich womöglich Jahre lang falsch wahrgenommen gefühlt haben, oft nicht. Das könnte sich schon ein bisschen unbequem anfühlen.

Das ist eben der Punkt, der mir nicht deutlich genug wird. Für einen selbst ist das Geschlecht nicht egal. Es wird meiner Meinung nach am Ende doch einen Tacken zu flockig dargestellt.

Der Manga geht zwar auf das mögliche Negieren des Leids ein, was manche Homosexuelle aufgrund ihrer Gefühle empfinden können. (Binäre) Trans* Personen könnten sich jedoch womöglich ausgeklammert fühlen und mit einem unguten Gefühl zurückbleiben.

Andererseits sagt Hinase sehr deutlich, wie sier es haben will und wird auch noch mal explizit gefragt, ob es passt. So gesehen wird schon vermittelt, dass es wichtig ist, dass es für einen selbst stimmig ist.

Wie gesagt, der letzte Schliff fehlt mir hier dennoch. Vielleicht ändert sich das noch, wenn die Geschichte noch mehr in mir gesackt ist.

Insgesamt gefällt mir, trotz anfänglicher Enttäuschung, dass bis zum Schluss absolut unklar bleibt, wofür Hinase sich entscheiden wird. Es gibt Szenen, da war ich mir sicher, sier möchte als Mann weiterleben, dann welche, da glaubte ich, sier würde lieber eine Frau sein wollen und dann welche, da hatte ich keine Ahnung.

Die Möglichkeit, dass Hinase geschlechtslos bleibt, lässt der Manga soweit ich es verstehe übrigens nicht. Das zeigt ja auch schon die Tatsache, dass es noch genau zwei Abschlussbände geben wird: Einer zeigt Hinase dann als Frau, einer als Mann. Dort soll es dann auch Einblicke in Mögliche Beziehungsformen geben (ich frage mich schon seit etwa der Mitte der Reihe, ob es vielleicht eine Dreiecksbeziehung werden könnte. Das sehe ich in der (vorläufigen?) Inhaltsangabe der letzten beiden Bände allerdings nicht).

In den beiden letzten Bänden soll auch auf die Beweggründe für die jeweilige Entscheidung eingegangen werden und dann ist mein Kritikpunkt hier vielleicht obsolet (wobei ich dabei bleibe, dass es für mich in die Haupthandlung gehört hätte). Ich bin gespannt, ob dort auch zum Thema wird, dass die Entscheidung jeweils bereut wird bzw. sier das Gefühl hat, dass es eben doch nicht passt und zu ergründen, warum das so ist.

Klasse ist und bleibt an The Gender of Mona Lisa von Tsumuji Yoshimura bei Hayabusa jedenfalls das Aufdröseln der Klischees rund um das Thema Geschlecht. Und das klar wird, dass „Alle“ „Alles“ machen dürfen.

Insgesamt also ein riesengroßes Like und ich bin gespannt auf Band 9 und 10, die im August 2023 erscheinen werden. Ich empfehle die Reihe so, wie sie jetzt schon ist, sehr gerne weiter.

Was meinst Du?
Zur Feier des Tages habe ich zu diesem Beitrag auch ein Posting auf meinem zur Zeit im Winterschlaf befindlichem Autorenkanal auf Instagram veröffentlicht. Schreib mir dort gerne Deine Einschätzung in die Kommentare!

Bis bald – Sebastian